Zu Beginn jedes Buch-Projektes steht bei mir die Recherchephase. Dabei geht es für mich darum mein Hirn mit so vielen verschiedenen Rätselmechanismen und -methoden zu füttern, wie es nur geht. Ganz im Sinne der Remixkultur fällt mir die Rätselerstellung am einfachsten, wenn ich aus einem möglichst großen Wissens- und Erfahrungsschatz schöpfen kann. Deswegen bin ich immer auf der Suche nach neuen Eindrücken und Inspirationen. Dabei ist es egal, ob diese Inspirationen aus aktuellen Rätselgames in Virtual Reality stammen oder aus Rätselsammlungen aus dem 17. Jahrhundert.
Die folgende Beschreibung meiner Vorgehensweise beim Recherchieren bezieht sich natürlich noch auf Pre-Corona.
Die Recherche startet mit einer Buchbestellung bei der Württembergischen Landesbibliothek: bis zu 60 Minuten scrolle ich mich durch Datenbank-Trefferlisten und versuche Bücher zu finden, die ich noch nicht gesichtet habe. Als sehr hilfreich hat es sich erwiesen Listen der bereits genutzten Suchbegriffe zu führen.
Wenn die Bücherbestellung getätigt ist, muss ich meistens einen Tag warten (weil ich es selten schaffe die Bestellung so früh aufzugeben, dass die Bücher noch am selben Tag im Lesesaal zur Verfügung stehen).
Nur wenige der Bücher sind zur Ausleihe freigegeben. Dies bedeutet, dass ich die bestellten Bücher bei der Ausgabe im Lesesaal abholen muss. Dafür lege ich meinen Büchereiausweis vor und sage, dass ich die Bücher gerne im Lesesaal sichten möchte. Die zumeist ältere und ebenfalls zumeist weibliche Bibliotheksaushilfe läuft dann die langen Vorbestellungsregale entlang und sucht nach meiner Bestellung. Etwa ab diesem Zeitpunkt versuche ich jeglichen Augenkontakt zu vermeiden. Die anderen Büchereibesucher*innen nutzen das umfassende Angebot der Landesbibliothek für ihre Abschlussarbeiten oder für andere wissenschaftliche Recherchen.
Wenn die Bibliotheksangestellten mit meinem bunten Stapel Kinder-, Spiel- und Rätselbücher zurückkommen, grinsen sie mich irritiert an. Nicht selten wird meine Bestellung kommentiert: "Das ist ja eine lustige Mischung!" Habe ich am Anfang noch versucht mich zu rechtfertigen oder zu erklären, antworte ich inzwischen meist mit einem Grinsen und einem Schulterzucken und male mir aus, was die Person wohl denkt, wozu ich all diese Bücher brauche.
Auch wenn die Recherche nicht der spannendste Teil meiner Autorinnentätigkeit ist, freue ich mich doch jedes Mal auf diese besondere Atmosphäre im Lesesaal. Es ist gleichzeitig besonders ruhig und doch liegt ein geschäftiges Raunen, Seiten blättern und Stühle rücken in der Luft. Die eigentliche Recherche bedeutet also, dass ich einige Nachmittage im Württembergischen Landesarchiv im Lesesaal sitze und Kinder-, Mathematik- und Logikrätselbücher und Quizsammlungen wälze.
Es ist immer unfassbar anstrengend: innerhalb von 2 Stunden blättere ich mich im Schnelldurchlauf durch bis zu 10 Bücher. Wenn ich merke, dass mein Kopf raucht und mir die Augen immer wieder zufallen, gebe ich auf und hoffe, dass ich eine halbwegs gute Ausbeute habe. Habe ich mir mindestens 10 neue Rätselmechaniken notiert, die mich faszinieren oder mir einen neuen Weg aufzeigen, bin ich mehr als zufrieden.
Ich konnte diesen Prozess der Recherche auch insofern optimieren, als dass ich mittlerweile direkt zu den Lösungen blättere und anhand der Lösungen bereits meistens erkennen kann, ob das Rätsel für mich etwas Neues bereit hält.
Nicht fehlen darf bei dieser Arbeit inzwischen außerdem mein Tablet. Während ich noch bis letztes Jahr mit unendlich vielen Handyfotos, Haftnotizen und Fresszetteln gearbeitet habe, hat die Umstellung auf einen digitalen Arbeitsprozess das Ganze wirklich deutlich vereinfacht.
Ich freue mich schon, wenn die Bibliotheken wieder in den Regelbetrieb gehen können, ich meine Trinkflasche und jegliche Art Tasche am Eingang zum Lesesaal abgeben muss und ich wieder in diese besondere Atmosphäre und das emsige Bücherwälzen eintauchen kann.
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